SPD Sendenhorst

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Sendenhorst ist abundant

Veröffentlicht am 25.11.2013 in Finanzen

P. P. Rubens: Abundantia, via Wikimedia CommonsMit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes rückt ein Begriff verstärkt ins Blickfeld der kommunalpolitischen Diskussion: abundant. Abundant (lt. Duden reichlich vorhanden, häufig vorkommend) ist eine Kommune im Sinne des Finanzausgleichs dann, wenn ihre Steuereinnahmen ihren Finanzbedarf übersteigen. Die Folge: sie erhält in dem Jahr ihrer Abundanz keine Schlüsselzuweisungen. Neu ist, und hier kommt das oben genannte Gesetz ins Spiel, dass ab 2014 abundante Kommunen eine Umlage leisten sollen, den sogenannten Kommunal-Soli.

Nun wird es kaum jemand geben, der behauptet, Abundantia, die römische Göttin des Überflusses, habe ihr Füllhorn über die Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens ausgeschüttet, sieht man mal von einigen wenigen Kommunen ab.

Angesichts der drückenden Schuldenlast von rund 24,6 Mrd. Euro (Kassenkredite, Stand Juni 2013), davon allein bei den 61 Stärkungspakt-Kommunen rund 15,5 Mrd . Euro, ist ein anderes Bild zu zeichnen.

Hier setzt das "Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen", wie der vollständige Titel lautet, aus dem Jahre 2011 an. Ziel des Gesetzes ist es, "den Gemeinden in einer besonders schwierigen Haushaltssituation den nachhaltigen Haushaltsausgleich zu ermöglichen."

In dem Gesetz verpflichtet sich das Land NRW bis zum Jahre 2020 jährlich 350 Mio. Euro den im Stärkungspakt befindlichen Gemeinden bereitzustellen. Die Kommunen beteiligen sich an der Finanzierung der Konsolidierungshilfen, zum einen mit einem Betrag von 115 Mio. Euro als Vorwegabzug von der Finanzausgleichsmasse, zum anderen durch die nun anstehende Umlage in Höhe von rund 110 Mio. Euro.

Bedingt durch die Systematik des kommunalen Finanzausgleichs leisten über den Vorwegabzug bisher nur die Gemeinden einen Beitrag zu den Konsolidierungshilfen, die Schlüsselzuweisungen erhalten. Abundante Gemeinden, sie fallen ja definitionsgemäß aus dem Kreis der Empfänger von Zuweisungen raus, sind also erst ab 2014 betroffen..

Sendenhorst gehört 2014, wie auch Everswinkel und Oelde aus dem Kreis Warendorf, zu den 59 Gemeinden, die den sogenannten Kommunal-Soli zahlen sollen. Der ursprüngliche vorgesehene Gesamtbetrag von rund 182 Mio. Euro ist Mitte November auf Vorschlag der rot-grünen Koalitionsfraktionen auf rund 110 Mio. Euro gekürzt worden (davon 20 Mio. Euro als Darlehen). Sendenhorst hat daher im Jahre 2014 rund 81.000 Euro abzuführen. Verglichen mit den Beiträgen anderer Kommunen, die bis zu 23,5 Mio. Euro reichen, ist das ein eher bescheidener Betrag.

Gleichwohl, wer zahlt schon gerne, noch dazu, wenn es um die Schulden anderer geht. Diese Lesart des Änderungsgesetzes hat sich vor allem die CDU-Opposition im Landtag zu eigen gemacht. Deren Fraktionsvorsitzender Laumann spricht gar davon, dass "mit dem Kommunal-Soli aus Solidarität Staatssozialismus" werde. Hätte man in der ehemaligen DDR gewusst, dass es mit dem Sozialismus so einfach geht ...

Abundanzumlagen oder auch Finanzausgleichsumlagen, und darum handelt es sich bei dem Kommunal-Soli, sind keine Erfindung der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Sie gibt es auch in zahlreichen anderen Bundesländern, mit unterschiedlicher Zielsetzung und Verwendung sowie Höhe und Bemessung. 2011 hat z. B. Brandenburg eine Finanzausgleichsumlage eingeführt. Das dortige Verfassungsgericht hat sie in einem Urteil im August 2013 für rechtmäßig erklärt.

Abundant ist, wie oben bereits erwähnt, eine Gemeinde, wenn ihre Steuereinnahmen (genauer ihr Steuermessbetrag) ihren Finanzbedarf (genauer ihre Ausgangsmesszahl) übersteigt. Von diesem übersteigenden Betrag wird nunmehr ein jährlich neu festgestellter Prozentsatz bis zu maximal 25 % als Solidarbeitrag erhoben. Aktuell beträgt der Prozentsatz 11,87 %. 

Ausgangsmesszahl und Steuermessbetrag sind berechnete Werte, die wenig bis nichts mit tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben in den Kommunen zu tun haben. So fließen in die Berechnung des Finanzbedarfs u. a. die Zahl der Einwohner, die Schülerzahlen und die Zahl der Bedarfsgemeinschaften (Hartz IV) ein. Diese Zahlen werden unterschiedlich gewichtet und zu einem Gesamtansatz addiert. Der Gesamtansatz wird nun mit einem (iterativ ermittelten) Grundbetrag multipliziert. Das Ergebnis ist die Ausgangsmesszahl. Grundlage für die Steuermesszahl bilden die verschiedenen Steuereinnahmen, wobei die Realsteuern mit einem landeseinheitlichen fiktiven Hebesatz umgerechnet werden. Ist die Ausgangsmesszahl größer als die Steuerkraftmesszahl, so erhält die Gemeinde den Unterschiedsbetrag als Schlüsselzuweisung, allerdings nur zu 90 % (Ausgleichsquote). In Brandenburg z. B. beträgt diese Quote 75 %, in Bayern 55 %.

Zitat aus dem FiFo-Gutachten vom März 2013: "Die Ausgangsmesszahl ist  eine unechte Bedarfsgröße und darf daher nicht als Maß für die von einer Kommune zur Deckung der tatsächlichen Ausgaben benötigten Finanzmittel missverstanden werden." (Seite 25)

Abundanz hat, wie aus dem oben dargelegten ersichtlich, nichts mit der konkreten Haushaltswirtschaft vor Ort zu tun. Ob eine Gemeinde die Haushaltsgrundsätze Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Sparsamkeit beachtet oder nicht, lässt sich nicht mit dem Kriterium der Abundanz belegen. Zur Verdeutlichung: Hätte Sendenhorst 1.000 Einwohner mehr, oder wäre die Schlüsselmasse um rund 1 Mrd. Euro höher, oder betrüge die Ausgleichsquote statt 90 % nur 75 %, oder wäre der fiktive Hebesatz nicht 411 sondern 310 v. H.: in allen vier Fällen wäre Sendenhorst nicht abundant.

Die Sendenhorster CDU hat zur Ratssitzung am 14.11.2013 eine Resolution eingebracht, die den Kommunal-Soli zum Gegenstand hat. Sie folgt damit wohl der Kampagne der CDU-Landtagsfraktion, die "mt Medienkampagnen, kleinen Anfragen im Landtag und Unterschriftenlisten" die Bürger mobilisieren will, um so den Kommunal-Soli zu stoppen.

In dieser Resolution wird behauptet, dass "bislang solide wirtschaftende Kommunen" (wie angeblich die Stadt Sendenhorst) "die drohende Abundanzumlage zukünftig immer mehr in eine finanzielle Schieflage bringen (wird), die dann mittelfristig die Handlungsfähigkeit kosten wird. Kürzungen im freiwilligen Bereich (Soziales, Schule, Sport und Kultur) sowie Steuererhöhungen sind zwangläufig die Folgen."

Starker Tobak angesichts der aktuell in Rede stehenden Beträge für Sendenhorst. Wenn hier von der CDU ein so düsteres Bild gemalt wird, sollte nicht vergessen werden, dass die rot-grüne Landesregierung im Zusammenhang mit den Einheitslasten die Fehler der schwarz-gelben Vorgängerregierung korrigieren und der Stadt rund 234.000 Euro für das Jahr 2102 und rund 547.000 Euro für die Jahre 2007 bis 2011 erstatten wird (siehe Beitrag "Kräftige Entlastung zu erwarten).

Frank Baranowski, Oberbürgermeister von Gelsenkirchen und Vorsitzender der SGK NRW, auf die Frage, ob der Protest gegen die Solidarumlage berechtigt sei:

Sofern er nur parteipolitisch motiviert ist, nein. Die Unredlichkeit von CDU und FDP ist kaum zu übertreffen. Schließlich haben sie in der Zeit von 2005 bis 2010 den Kommunen rund 3 Mrd. Euro vorenthalten. Die mangelhafte Unterstützung hat in vielen Kommunen die finanzielle Schieflage massiv verstärkt. Jetzt nimmt die Landesregierung mit dem Stärkungspakt sehr viel Geld in die Hand, um zu helfen. Die kommunale Solidarität ist unverzichtbar, darf sich aber in der sogenannten zweiten Stufe nicht nur auf die Kommunen beziehen. Die SGK hat dies gegenüber Landesregierung und Fraktion auch sehr deutlich gemacht. Ich bin mir sicher, dass sich die Landesregierung in dieser Frage noch bewegen und sich stärker beteiligen wird. (Kommunale 6/2013)

 

SPD-Fraktion im Bundestag

Heute wird der Bundestag eine Reform der Abgeordnetenbestechung beschließen, um bestehende Straflücken zu schließen. Bislang konnte ein Abgeordneter nur strafrechtlich belangt werden, wenn er sich für Tätigkeiten bezahlen ließ, die zum Kernbereich der Abgeordnetentätigkeit gehören, also zum Beispiel für eine bestimmte Rede, Abstimmung im Bundestag oder einem seiner Gremien. In der sogenannten Masken-Affäre kassierten die ehemaligen Unionsabgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter Millionen für die Vermittlung von Maskengeschäften, mussten aber freigesprochen werden und durften ihre Millionenprovisionen behalten, weil der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung nicht erfüllt war, da sie die Gewinne neben ihrem Mandat einnahmen. Diese Konstellation ist zukünftig strafbar, erklären Johannes Fechner, Canan Bayram und Stephan Thomae.

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