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EEG, Biogas und Mais

Veröffentlicht am 10.01.2012 in Umwelt
Mais

Mit dem Jahreswechsel sind auch die vom Bundestag am 30.6.2011 beschlossenen Änderungen des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) in Kraft getreten. Das EEG hat wie kaum ein anderes Gesetz der jüngeren Vergangenheit das Bild der Landschaft verändert. Das gilt insbesondere für die Windräder, aber auch für die in den letzten Jahren errichteten Biogasanlagen und deren Auswirkungen auf den Anbau von Feldfrüchten auf den Äckern (Stichwort „Vermaisung“ der Landschaft). Ende 2011 soll es nach Prognosen des Fachverbands Biogas in Deutschland 7.100 Biogasanlagen geben.

Das wären rund 1.200 mehr als Ende 2010. Seit 2006 hätte sich die Zahl danach verdoppelt, über den Zeitraum von zehn Jahren gar um das 5,5-fache erhöht. Für das Jahr 2012 geht der Fachverband von einem vergleichsweise moderaten Zubau von 370 Einheiten aus. Insgesamt stünden dann 2.900 Megawatt installierte elektrische Leistung zur Verfügung, etwa die Leistung von zwei Kohlekraftwerken. Der Anteil regenerativ erzeugten Stroms beträgt Ende 2010 rd. 17 %, Ende 2011 ca. 20 % (nach Angaben des BDEW) an der Gesamtmenge. Ziel des neugefassten Gesetzes ist es, den Anteil erneuerbarer
Energien an der Stromversorgung bis 2020 auf mindestens 35 % zu erhöhen.

Bruttostrom

Der Biogasboom verdankt sich den verschiedenen Änderungen des EEG seit 2004, die es für Landwirte und andere Inverstoren lohnend machte, in diese Form der Energiegewinnung zu investieren. „Das EEG aus dem Jahre 2004, sowie dessen weitere Novellierungen“, stellt das Deutsche Maiskomitee fest, hätten der Landwirtschaft in Deutschland die Chance geboten, „eine noch aktivere Rolle bei der Energieerzeugung zu übernehmen. Vor allem die Produktion von Biomasse ist durch die Gesetzesänderungen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, da bei ausschließlicher Verwendung von Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist u. a.) und zugelassenen nachwachsenden Rohstoffen die Energieerzeugung mit einer besonderen Einspeisevergütung gefördert wurde.“ Und wird. Daran hat auch die aktuelle Novellierung nichts Grundlegendes geändert. Zwar heißen die Zuschläge jetzt nicht mehr Güllebonus oder Bonus für nachwachsende Rohstoffe sondern Einsatzstoff-Vergütung, meinen aber das gleiche. Neu sind die sogenannten Kleingülleanlagen bis zu 75 kW installierter Leistung am Standort der Biogaserzeugungsanlage, die mit 80 % Gülle (in Masseanteilen) und mehr beschickt werden müssen, um die Vergütung von 25 Cent per kWh zu erhalten. Es wird interessant sein zu beobachten, ob die Veredlungsbetriebe unserer Region diese Form Biosgasanlagen vermehrt bauen werden. Einen Vorteil hätten sie: die darin fermentierte Gülle würde – als Gärrest ausgebracht – weniger durch Gerüche belästigen.

Auf 2,5 Mio. ha wird in Deutschland Mais angebaut

Der wichtigste nachwachsende Rohstoff für Biogasanlagen wird auch in Zukunft Mais sein, vor allem als Silomais. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind im Jahre 2011 auf einer Fläche von 2,517 Mio. ha Körner- und Silomais angebaut worden. Das sind rd. 21 % der Ackerfläche Deutschlands, vor 10 Jahren waren es 13 %. Gegenüber 2001 bedeutet dies ein Zuwachs an Fläche von rd. 1 Mio. ha, wobei diese Steigerung im Wesentlichen durch den vermehrten Anbau von Silomais (plus rd. 900.000 ha) bestimmt wird. Das bereits erwähnte Deutsche Maiskomitee hat die Zahlen der Statistischen Ämter von 2010 und 2011 nach Bundesländern geordnet zusammengestellt. Danach ist die Anbaufläche von Silomais in allen Bundesländern gestiegen, in Niedersachsen z. B. um 20 %, in Mecklenburg-Vorpommern um 15, 7 % und in Sachsen sowie Sachsen-Anhalt um 17 bzw. 16 %. Daneben erscheint die Steigerung des Flächenteils in NRW mit 7,6 % vergleichsweise gering. In Deutschland, so schätzt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, wurden für die Versorgung der Biogasanlagen mit Mais im Jahre 2011 rund 800.000 ha benötigt, 2010 waren es noch 650.000 ha.

Der wachsende Flächenbedarf für den Anbau von Mais konnte in den vergangenen Jahren aus den stillgelegten Flächen zur Verfügung gestellt werden. 2008 hat die EU die Landwirte in der pflanzlichen Erzeugung von der Pflicht befreit sind, 10 % ihrer Flächen stillzulegen. Gab es 2003 noch rd. 940.00 ha Stilllegungsfläche, so sind es aktuell noch rd. 230.000 ha. Zurückgegangen ist auch das Dauergrünland: um 369.000 ha seit 2001.

Wurde wie erwähnt 2011 Mais bundesweit auf 21 % der Ackerfläche angebaut, so zeigt ein Blick in die einzelnen Regionen des Landes ein sehr differenziertes Bild. Bezugsjahr ist hier 2010, da für 2011 noch keine regionalisierten Zahlen vorliegen. So liegt der Maisanteil in 191 von den rd. 300 Landkreisen unter 20 %, in weiteren 84 unter 45 % und in 26 Landkreisen über 45 %. Im Kreis Warendorf beträgt der Anteil 31,3 %, wobei anzumerken ist, dass hier der Anbau von Körnermais noch (deutlich) über dem von Silomais liegt. Das ist in NRW noch nur im Kreis Coesfeld (Maisanteil 35,6%) der Fall. Im Regierungsbezirk Münster wird auf rd. 41 % der Ackerfläche Mais angebaut.

Maisanbau WAFDas differenzierte Bild lässt sich auch für die einzelnen Orte des Kreises Warendorf zeigen. So wird in Sassenberg auf 47,1 % der Ackerfläche Mais angebaut, in Beckum nur auf 19,3 %. In Sendenhorst liegt der Anteil bei 32,2 %, wobei auch hier gilt, dass die Anbaufläche für Körnermais deutlich über die für Silomais liegt. Bei diesen Zahlen, die auf der Basis von Statistiken des Landesbetriebs IT.NRW berechnet worden sind, gilt es zu beachten, dass landwirtschaftliche Flächen den Betrieben zugeordnet werden. So auch die Flächen, die in anderen Gemeinden als der Betriebsstandort liegen.

In 66 der 396 Städten und Gemeinden in NRW beträgt der Maisanteil über 45 % der Ackerfläche. Schränkt man die Auswahl auf die Gemeinden ein, in denen der Anteil der Ackerfläche an der landwirtschaftlichen Fläche über 20 % liegt, bleiben immer noch 38. Der Wert von 45 % ist deshalb gewählt, weil, so das Umweltbundesamt in einer Stellungnahme zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, nur bei „einem Maximalwert für den Fruchtartenanteil von 45 Prozent sichergestellt ist, dass eine durchschnittliche Fruchtfolge mindestens 3 verschiedene Fruchtarten umfasst.“ (aus „Für eine ökologisierte erste und eine effiziente zweite Säule“ - Stellungnahme der Kommission Landwirtschaft am Umweltbundesamt (KLU) zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik) Die EU-Kommission selbst geht in ihrem im Oktober 2011 veröffentlichten Reformvorschlägen von einem Anteil von 70 % aus. „Die Vorgabe für die Fruchtfolgengestaltung (keine Fruchtart mehr als 70% Anteil) ist eine viel zu niedrige Hürde“, kritisiert die KLU, die „ohne Anstrengungen von fast allen Landwirten einzuhalten und damit wirkungslos“ sei.

Auswirkungen auf die Kulturlandschaft

In seinem Sondergutachten „Wege zur 100% erneubaren Stromversorgung“ beschreibt der Sachverständigenrat für Umweltfragen die potenziellen Risiken der energetischen Nutzung von Energiepflanzen: „Die biologische Vielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nimmt im Fall der Aufgabe extensiver Nutzungsformen und der Nivellierung der Naturräume sowie durch Nährstoffeinträge und einheitliche Bewirtschaftungsformen stark ab. Viele landwirtschaftliche Praktiken tragen in hohem Maße zur Gefährdung der biologischen Vielfalt bei. Die Biodiversität auf der landwirtschaftlichen Fläche kann im Zusammenhang mit der Biogasproduktion aufgrund von Nährstoffeinträgen in Boden und Grundwasser gefährdet werden. […] Direkte Landnutzungsänderungen wie der Umbruch von Grünland (vor allem von Magerrasen, Wiesenbrüterflächen, Niedermoorstandorten, Bachauen und Waldwiesen) oder die Nutzung von Stilllegungs- oder Brachflächen zum Anbau von Energiepflanzen gefährden die Erhaltung der biologischen Vielfalt und setzen gleichzeitig Treibhausgase frei. Vergleichbare Auswirkungen haben indirekte Landnutzungsänderungen: Werden Flächen, die bisher für die Futter- bzw. Nahrungsmittelproduktion genutzt wurden, zum Anbau von Energiepflanzen genutzt, dann werden dafür häufig an anderer Stelle auch marginale Flächen mit für die landwirtschaftliche Produktion ungünstigen Bedingungen neu als Acker bewirtschaftet bzw. umgebrochen.“ So ist die Schlussfolgerung nicht weiter überraschend, dass der Bonus für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo-Bonus) im EEG wegen seiner negativen Umweltfolgen abgeschafft werden sollte.

Biogasanlagen regional unterschiedlich verteilt

Die vom Fachverband Biogas veröffentlichten Prognosen für Biogasanlagen werden nicht nach Bundesländern differenziert, so dass hier nur auf eine Studie des Deutschen BiomasseForschungsZentrums in Leipzig vom März 2011 zurückgegriffen werden kann, in der die Zahlen für das Jahr 2010 - nach Bundesländern unterteilt - genannt werden (siehe auch Karte am Ende). Demnach stehen z. B. von den Ende 2010 vorhandenen rd. 5.900 Biogasanlagen in Bayern 2.030, in Niedersachsen 1.073, in Baden-Württemberg 709 und in NRW 420 Anlagen. Allein in Bayern und Niedersachsen sind im Jahre 2010 rd. 540 von den 910 bundesweit neu errichteten Anlagen hinzugekommen.

In NRW führt die Landwirtschaftskammer eine Betreiberdatenbank für Biogasanlagen, in der allerdings nur solche enthalten sind, an denen Landwirte beteiligt sind. Zudem ist die Meldung freiwillig. Nach deren Mitteilung gibt es in NRW aktuell 454 Anlagen dieser Art. Davon stehen allein im Regierungsbezirk Münster 196, das sind 43 % der NRW-Anlagen. Der Kreis Borken nimmt mit 72 Biogasanlagen eindeutig die Spitzenposition ein (das sind mehr als im ganzen Regierungsbezirk Arnsberg zusammen). Rechnet man zu den Zahlen des Regierungsbezirks Münster die der benachbarten Kreise Soest (39) und Gütersloh (27) hinzu, dann befinden sich in diesem Teils Westfalens 262 Anlagen, also deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtbestandes in NRW. Für den Kreis Warendorf sieht es so aus: Ahlen 2, Beckum 4, Beelen 1, Drensteinfurt 2, Everswinkel 2, Oelde 6, Ostbevern 5, Sassenberg 6, Sendenhorst 4, Telgte 4, Wadersloh 1, Warendorf 4, macht insgesamt 41.

Die rd. 7.500 Biogasanlagen, die es Ende 2012 in Deutschland vermutlich geben wird, wollen auch in Zukunft „gefüttert“ werden. Auch wenn es zusätzliche Energiepflanzen geben wird, z. B. die Durchwachsene Silphie oder Gräser, wird (Silo)Mais aufgrund seiner Eigenschaften die Hauptpflanze sein, die in den Anlagen verwendet wird. Biodiversität kann jedoch nicht darin bestehen, verschiedene Sorten von Energiepflanzen anzubauen. Eine Verbesserung der Leistungen der Biogasanlagen kann dazu beitragen, den Druck auf die Fläche zu reduzieren. Es besteht noch ein erheblicher Forschungsbedarf bei dieser recht jungen Energietechnik. In einer Meldung der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe wird ein im November 2011 gestartetes Forschungsvorhaben mit dem Titel „Substrate besser vermischen, Rohstoffe effizienter nutzen – Werkzeug zur optimalen Auslegung von Biogas-Rührsystemen in der Entwicklung“ so begründet: „Nur circa 50 bis 80 Prozent des vorhandenen Reaktorvolumens werden in den Mischprozess einbezogen. Ein Großteil der Rohstoffe steht somit nicht oder nur eingeschränkt für die Vergärung zur Verfügung – hier besteht ein erhebliches Optimierungspotenzial.“

Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume

„Wir wollen“, heißt es im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung, „eine nachhaltige, bäuerliche und gentechnikfreie Landwirtschaft, die zum Erhalt und zur Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume beiträgt.“ Eine Landwirtschaft, die von der Gesellschaft in einem hohen Maße alimentiert wird, sollte ein Interesse daran haben, den Anbau von Energiepflanzen umwelt- und gesellschaftsverträglich zu gestalten. In der anstehenden GAP-Reform hat die EU-Kommission den Vorschlag unterbreitet, die Direktzahlungen daran zu knüpfen, dass die landwirtschaftlichen Betriebe „mindestens 7 % der beihilfefähigen Hektarflächen als im Umweltinteresse genutzte Flächen ausweisen, wie Brachflächen, Terrassen, Landschaftselemente, Pufferstreifen sowie Aufforstungsflächen.“ Es wird sich zeigen, ob diese Quote auch von den Landwirten unterstützt wird.

"Jeder soll nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege beitragen und sich so verhalten, dass Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden." (Bundesnatur- schutzgesetz, § 2,1) Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts seien insbesondere Luft und Klima auch durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu schützen, wobei dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien eine besondere Bedeutung zukomme (siehe § 1 Bundesnaturschutzgesetz in der Fassung vom 6.12.2011).

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Die Verteilung der Biogasanlagen nach Landkreisen Ende 2010
Quelle: Deutsche BiomasseForschungsZentrum gemeinnützige GmbH, Leipzig

Biogasanagen

SPD-Fraktion im Bundestag

Heute wird der Bundestag eine Reform der Abgeordnetenbestechung beschließen, um bestehende Straflücken zu schließen. Bislang konnte ein Abgeordneter nur strafrechtlich belangt werden, wenn er sich für Tätigkeiten bezahlen ließ, die zum Kernbereich der Abgeordnetentätigkeit gehören, also zum Beispiel für eine bestimmte Rede, Abstimmung im Bundestag oder einem seiner Gremien. In der sogenannten Masken-Affäre kassierten die ehemaligen Unionsabgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter Millionen für die Vermittlung von Maskengeschäften, mussten aber freigesprochen werden und durften ihre Millionenprovisionen behalten, weil der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung nicht erfüllt war, da sie die Gewinne neben ihrem Mandat einnahmen. Diese Konstellation ist zukünftig strafbar, erklären Johannes Fechner, Canan Bayram und Stephan Thomae.

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